Ich sitze zusammen mit 8 anderen Corporate Learning Professionals in einem FutureLab. Wir entwerfen voller Begeisterung Zukunftsszenarien für New Learning in Unternehmen. Tolle Ideen entstehen, die meisten sind durchaus realistisch und umsetzbar.
Und dann wechseln wir die Perspektive und schlüpfen in die Learner Personas - Ernüchterung macht sich breit.
Was ist passiert?
Es scheint, als würden wir im Elfenbeinturm der Learning Professionals sitzen und den Anschluss an viele Mitarbeitende verlieren, deren Learning Skills nicht zu unseren Lernwelten passen.
Leider war an dieser Stelle das Learning FutureLab vorbei - und ich blieb mit vielen Fragen im Kopf zurück, die mich sehr beschäftigt haben.
Learning Skills fallen nicht vom Himmel
Wir wissen ziemlich gut, welche Art des Lernens notwendig ist, damit wir den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind. Adaptiv soll es sein, lernende-zentriert, selbstorganisiert, vernetzt, agil und natürlich lebenslang.
Wir wissen auch, wie moderne Lernformate (der Zukunft) aussehen sollen: Learning Circles, BarCamps, Learnathons, Pull-Learning und natürlich Lernreisen mit individuellen Lernpfaden statt stand alone Seminaren.
Was jedoch erstaunlich wenig diskutiert wird: welche Learning Skills braucht es für diese neuen Lernwelten? Wie kommen wir heraus aus dem Sog unserer Lernsozialisierung, die sehr stark davon geprägt ist, dass Expert:innen uns vorgaben, was wir wann wie lernen sollten.
Mitarbeitende fühlen sich beim Lernen oft missverstanden und allein gelassen
Als Corporate Lerncoach bin ich immer wieder damit konfrontiert, dass Mitarbeitende sagen: "ich soll jetzt selbstorganisiert lernen, mir selbst Lernfelder suchen, eigene Lernziele setzen und mich selbständig auf die Suche nach geeigneten Lernwegen machen. Ich bin damit überfordert - aber das darf ich nicht sagenj, denn dann werde ich als unbeweglich und unkooperativ abgestempelt." Puh.
Ich finde es überhaupt nicht erstaunlich, dass diese Überforderung da ist. Wir haben diese Art des Lernens nie gelernt. Und die notwendigen Learning Skills fallen nunmal nicht vom Himmel! Schon jetzt herrscht eine Kluft zwischen Lern-Anforderung und Lern-Kompetenzen. Und diese Schere darf nicht größer werden.
Wir müssen jetzt dringend die Aufmerksamkeit auf den Aufbau der Learning Skills richten. Tun wir es nicht, werden wir einen großen Teil der Mitarbeitenden auf dem Weg in die neue Lernwelt verlieren.
Welche Learnings Skills braucht es jetzt und erst recht in der Zukunft?
Während es zig Studien und Befragungen zu FutureSkills gibt, sieht es bei den spezifischen Learning Skills eher mau aus. Und wenn, dann sind sie eher allgemein gehalten, z.B. "selbstorganisiert", "selbstverantwortlich", "lebenslang" und "adaptiv". Hmmm. Aber wie genau geht denn z.B. das selbstorganisierte Lernen? Welche Fähigkeiten brauche ich dafür?
Nehmen wir uns dieses Beispiel "selbstorganisiert" vor: was bedeutet das eigentlich?
Zu wissen: was soll / will ich eigentlich lernen? Dies erfordert:
- Marktkenntnis und dessen Entwicklung einschätzen zu können
- Fähigkeit, daraus für sich Lernziele ableiten zu können
- Quellenkenntnis, Recherche, Sortierung und Einschätzung von Informationen
Zu wissen: wie lerne ich erfolgreich? Dies erfordert:
- Kenntnis über eigene Lernpräferenzen, -stärken und -schwächen
- Kenntnis über geeignete Lernformate
- Kenntnis über Methoden des Lernens
Zu wissen, wie integriere ich das Lernen in meinen Arbeitsalltag? Dies erfordert:
- Lern-Zeitmanagement
- Lern-Motivation und -Konzentration
- Lern-Routinen, die einen Platz im Arbeitsalltag haben
Wie man sofort erkennen kann: ein hoch-komplexer Prozess der hinter dem mal schnell dahin gesagten Wort "selbstorganisiert" steckt.
Und nun stellen wir uns einen Mitarbeitenden, z.B. im Controlling oder in der Fertigung vor, der regelmäßig auf Schulungen ging, um auf dem neuesten Stand in seinem Fachgebiet zu bleiben. Der ansonsten jedoch kein Lernprofi ist und von dem nun plötzlich erwartet wird, dass er selbstorganisiert lernen soll. Das kann natürlich nicht gut gehen.
Fazit: Learning Skills sind das Fundament von New Learning und FutureLearning
Unternehmen brauchen ein gut konzipiertes, niedrigschwelliges Programm, das den Mitarbeitenden hilft, ihre Learning Skills zu entwickeln.
Damit sie mit den Lernwelten der Zukunft umgehen, von ihnen profitieren und sie schließlich mit Ambition mitgestalten können.
Dieses Lernentwicklungsprogramm sollte fester Bestandteil in jedem Unternehmen werden, und zwar praxisorientiert, unter Gewährleistung von psychologischer Sicherheit und vielen explorativen, kollaborativen Anteilen.
Interesse an solch einem Programm? Wir arbeiten gerade an einem Inhouse-Konzept dazu und freuen uns über Cokreation. Kontaktiere uns gerne dazu.
P.S. dieser Artikel wurde von Iris, nicht von ChatGPT geschrieben 😂
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Susanne Apitzsch (Mittwoch, 24 Mai 2023 16:08)
Ich finde, diese Frage sollte man unbedingt auf die Schulen ausdehnen! Wie kann ich Lernen selbstorganisiert an Schulen oder mit Lerngemeinschaften durchführen? Darin sehe ich eine mögliche Schul-Zukunftsform, die ich lieber Lernort als Schule nennen würde.
Danke Iris, Du bringst mich auf neue Ideen!