
Die Self-Directed-Learning Impact Matrix (SDLI-Matrix) zeigt, wie stark selbstgesteuertes Lernen den Erfolg eines Unternehmens prägt – und wo Potenziale ungenutzt bleiben.
Sie unterscheidet vier Szenarien: von adaptiver Innovationskraft bis zu regulierter Anleitung, die über Erfolg oder Stillstand entscheiden.
Dabei wird deutlich, dass nicht jede Organisation oder jedes Team Lernbegleitung benötigt – aber in manchen Fällen gezielt investieren sollte. Wo steht dein Team oder dein Unternehmen? Die SDLI-Matrix hilft, Klarheit zu gewinnen.
In einem vorigen Blog-Artikel habe ich das C-LEP (Corporate Lernerfolgs-Puzzle) vorgestellt, als ein wichtiges Reflexions- und Analyse Tool im Kontext Lernbegleitung in Unternehmen. Jetzt lohnt es sich, einen Schritt zurück zu gehen. Bisher sind wir einfach davon ausgegangen, dass Unternehmen Lernbegleitung benötigen. Damit sich das Konzept aber etablieren kann, braucht es einen Konsens bei allen Beteiligten, dass (oder ob) es wirklich notwendig ist.
Um dies gut einschätzen zu können, hat sich eine Struktur bewährt, die ich die „SDLI-Matrix“ genannt habe. Man kann sie entweder auf einer übergeordneten Ebene oder Puzzleteil für Puzzleteil durchgehen.
Sie geht der Frage nach: Wie stark beeinflusst die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen den Unternehmenserfolg – und wo gibt es kritische Lücken (gaps)?
Schauen wir uns die Matrix zunächst im Überblick an:

Wo sich Lernbegleitung lohnt - und wo nicht:
🟨 Adaptive Innovationskraft
Das selbstgesteuerte Lernen ist wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg und zugleich haben die Mitarbeitenden diese Kompetenz bereits entwickelt.
Typisch ist dies bei agilen Teams, in Innovationsfirmen, Start Ups oder bei der Transformation der KI-Implementierung.
Bei diesem Unternehmen oder in diesem Team braucht es keine Lernbegleitung, lediglich als „nice to have“ Upskilling, also Erneuerung, Ergänzung und Weiterentwicklung von KnowHow. Hier würde ich nicht darauf pochen, intern ein Lernbegleiter:innen Team auszubilden, sondern eher bei Bedarf auf externe Lernbegleitende zurückgreifen.
🟧 Ressourcen-Verschwendung
Selbstgesteuertes Lernen wird als nicht notwendig für den Unternehmenserfolg angesehen oder die Unternehmenskultur und die Strukturen passen nicht. Zugleich wären die Mitarbeitenden jedoch fit darin.
Dies führt zu einer Ressourcen-Verschwendung, zu Unzufriedenheit bei Mitarbeitenden bis hin zur inneren Kündigung. Potenziale bleiben ungenutzt.
Oft findet man dies in sehr hierarchischen Unternehmen. Diese Haltung seitens der Führungskraft oder Management kann nicht durch eine Lernbegleitung gelöst werden, hier braucht es eine Unternehmensentwicklung, in der Lernbegleitung eine Rolle spielen kann.
🟦 Regulierte Anleitung
Selbstgesteuertes Lernen wird als unwichtig angesehen und die Kompetenz dafür ist nicht vorhanden.
Alles gut, möchte man bei dieser Konstellation meinen, doch natürlich ist dem nicht so. Stillstand, Rückschritt und Wettbewerbsnachteile werden früher oder später auftreten.
Typischerweise findet sich dies in manchen Behörden, Institutionen, in curricula- und richtlinien-getriebenen Einrichtungen. Auch hier handelt es sich um ein Management-Thema, das nicht durch Lernbegleitung gelöst werden kann.
🟩 Strategische Potenzialnutzung
Selbstgesteuertes Lernen wird als kritische Kompetenz für den Unternehmenserfolg angesehen, jedoch wird festgestellt, dass die Mitarbeitenden nicht alle diese Fähigkeit besitzen.
Hier ist Lernbegleitung notwendig!
Man hat erkannt, dass diese Situation zum Wettbewerbsnachteil wird, Innovationen und Entwicklungen weniger schnell vorankommen wie in vergleichbaren Unternehmen mit adaptiver Innovationskraft.
Normalerweise wird das self-directed-learning von L&D, dem Management oder HR gefordert, Rahmenbedingungen werden dafür geschaffen und dann festgestellt, dass dies nicht ausreicht oder nicht zu der erwünschten Verbesserung führt. Die Maßnahmen waren vermutlich nicht anschlussfähig.
Hier lohnt sich eine individuelle Förderung als Reskilling. In diesem Quadranten befinden sich genau die Unternehmen, für die die Investition in Lernbegleitung lohnend ist.
Arbeit mit der SDLI-Matrix
Es gibt im wesentlichen zwei Schritte, um Klarheit als notwendiges Fundament für die Implementierung von Lernbegleitung zu bekommen:
Schritt 1: In welchen Quadranten ist das Unternehmen oder das Team / Abteilung einzuordnen? Diese Zuordnung wird am besten in einem interdisziplinären Meeting vorgenommen, bei dem Vertreter:innen aus Management, HR und einzelnen Abteilungen teilnehmen. So kann recht schnell ein differenziertes Bild geschaffen werden.
Z.B. kann herauskommen, dass sich die Rechtsabteilung im Quadranten „regulierte Anleitung“ befindet, das Entwicklerteam jedoch im Quadranten „Strategische Potenzial-Nutzung“. In diesem Falle würde man gezielt für dieses Team Lernbegleitung etablieren. Oft fallen den Beteiligten auch einzelne Personen ein.

Schritt 2: Welche Puzzleteile sind welchem Bereich zuzuordnen? Diese Puzzleteil-Ebene mag überraschen, doch sie macht deutlich, dass nicht alle die gleiche Wichtigkeit im Unternehmen haben. Durch das Hinterfragen werden wir immer präziser und klarer.
Z.B. kann als Ergebnis herauskommen, dass Lern-Reflexion, Lern-Skills und Lern-Volition wichtig in dem Team sind und von den Mitarbeitenden gut ausgeprägt ist. Hier besteht kein Handlungsbedarf.
Das eigenständige Finden von Lern-Anlässen, passenden Lern-Inhalten oder Lern-Formen wird dagegen nicht als bedeutsam angesehen, weil es dafür Expert:innen im Unternehmen gibt.
Die Puzzle-Teile Lern-Transfer, Lern-Mindset und Lern-Orga werden in diesem Beispiel als Potenziale identifiziert. Sie sind sehr wichtig für den Unternehmenserfolg, die Mitarbeitenden besitzen jedoch keine ausreichenden Kompetenzen dafür. In der Lernbegleitung wird genau darauf der Schwerpunkt gelegt.

SDLI-Matrix schafft Klarheit durch Differenzierung
Ich habe vor allem bei Klärungsgesprächen oder in einem Auftragsmeeting gute Erfahrungen damit gemacht, weil wir über diese Struktur sehr schnell Klarheit gewinnen konnten, was wo bei wem im Kontext Lernbegleitung Erfolg versprechend ist.
Es zeichnet ein differenziertes und zugleich handlungsfähiges Bild.
📖 Übrigens: die SDLI-Matrix ist Teil es neuen Buches "Lernbegleitung in Unternehmen" von Iris, das spätestens im September 2025 erscheint.